Chef der Saudi Pro League im tz-Interview: „Musiala? Wir sind offen für jeden Superstar!“ (2025)

  1. tz
  2. Sport
  3. Fußball

Stand:

Von: Philipp Kessler

Kommentare

Im Sommer zog die Saudi Pro League durch die Transferaktivitäten viel Aufmerksamkeit auf sich. Wir sprachen mit dem Fußball-Direkor der Liga.

Riad – Die Saudi Pro League langt ordentlich zu. Immer mehr Superstars werden mit Mega-Gehältern in die Wüste gelockt, europäische Topclubs mit riesigen Ablösesummen für ihre meist – Stand jetzt – älteren Aushängeschilder fürstlich entschädigt. Michael Emenalo (58), der Fußball-Direktor der Saudi Pro League, im großen tz-Interview.

Saudi Pro League
Rekordmeister:Al-Hilal (18)
Amtierender Meister:Al-Ittihad
Transfersaldo:-889 Millionen Euro

Emenalo: „Man sollte die Saudi Pro League feiern“

Es heißt, Geld regiert die Welt. Stimmen Sie zu?

Ich hatte noch nie wirklich viel Geld. Und ich hatte noch nie ein Interesse daran, die Welt zu regieren. Ich kenne also diese Dynamik nicht. Ich denke, dass Geld eine wichtige Tauschwährung ist, die es uns ermöglicht, miteinander zu interagieren und in Beziehung zu treten, von Mensch zu Mensch, von Land zu Land, von Geschäft zu Geschäft, von Sport zu Sport. Und das ist meine einzige Interpretation dessen, was Geld bewirken kann.

Die Saudi Pro League hat in diesem Jahr laut Transfermarkt.de 954 Millionen Euro für neue Stars ausgegeben. Nur die Premier League hat mehr investiert in diesem Sommer. Müssen europäische Top-Teams vor Saudi-Arabien zittern?

Ich glaube nicht, dass irgendjemand die Saudi Pro League oder ihre Mitglieder fürchten muss. Ich bin sogar der Meinung, dass man die Saudi Pro League feiern sollte, wenn man Fußballfan ist. Wenn man Mitglied ist und eine emotionale Bindung zur Branche hat, sollte man sich über die Saudi Pro League freuen. Denn sie ist eine Erweiterung der Branche, eine Erweiterung der Chancen für alle. Ich möchte auch betonen, dass die Idee hinter der Saudi Pro League nicht darin besteht, jemanden damit zu bedrohen. Es ist eine Gelegenheit, den jungen und fußballbegeisterten Menschen etwas zurückzugeben. Und das ist die Grundlage für die Saudi Pro League.

Chef der Saudi Pro League im tz-Interview: „Musiala? Wir sind offen für jeden Superstar!“ (1)

Kritik an der Saudi Pro League ist nachvollziehbar, aber...

Kaufen die Saudis den Fußball kaputt?

Es ist nicht gut, mit dem Finger auf andere zu zeigen. Ich kann Ihnen so viele Beispiele nennen, die dieselbe Kritik einstecken müssen, einschließlich Bayern München. Kleinere Vereine haben Angst vor dem FC Hollywood. Es gibt immer diese Fixierung auf Geld, wenn der Status Quo verbessert werden soll. In der Premier League, wo ich zehn Jahre beim FC Chelsea verbracht habe, gab es immer die gleiche Kritik. Und am Ende ist heute jeder glücklich mit dem, was die Premier League tut. Ja, in Bezug auf die Ausgaben stehen wir nach der Premier League an zweiter Stelle. Von der englischen Liga wird heute aber schon erwartet, dass sie viel Geld ausgibt. Niemand beschwert sich mehr darüber, obwohl vor fünf Jahren die Lage noch eine andere war.

Aber verstehen Sie die Kritik an der Saudi Pro League?

Ich kann sie nachvollziehen, denn Veränderungen sind immer ein heikles Thema. Selbst wenn man sein Zimmer ändert, gerät man ein wenig in Panik. Und es gibt Sorgen unter den Familienmitgliedern. Ich kann verstehen, dass einige Leute die Geschehnisse in der Saudi Pro League beobachten und sich ein wenig unwohl dabei fühlen. Aber es gibt keinen Grund, sich Sorgen zu machen. Alle fußballbegeisterten Menschen – Journalisten, Fußballer, Administratoren, alle, die in dieser Branche tätig sind – sollten sich über das, was passiert, freuen, denn es ist eine Erweiterung unserer Branche, eine Schaffung von Möglichkeiten – Jobchancen, Lebenschancen –, kulturelle Integration für alle. Ich persönlich bin wirklich begeistert davon.

Wie sieht es mit der Wirtschaftlichkeit der Saudi Pro League aus?

Den horrenden Ausgaben für neue Stars steht ein Transfer-Minus von 889 Mio. Euro gegenüber. Wie wirtschaftlich sinnvoll ist das?

Die Ausgaben sind in zweierlei Hinsicht sinnvoll. Zum einen investieren die Saudis in ihre Menschen, sie geben ihren Menschen etwas zurück, sie fördern die Kultur und die soziale Interaktion untereinander. Zum anderen ist es auch eine Investition in die Zukunft. Es ist eine Investition in einen Wirtschaftszweig, der wächst und wächst, einen Wirtschaftszweig, den man vor nicht allzu langer Zeit noch abgelehnt und vernachlässigt hat. Auch hier wurden die gleichen Vorwürfe über andere Ligen erhoben, als sie anfingen und es hieß, dass sich die Investitionen nicht rentieren würden. Und jetzt stellen wir fest, dass der Fußball mit seinem Unternehmenswert einen anderen Marktmechanismus hat.

Wie meinen Sie das?

Es gibt viele Menschen auf der Welt, die froh wären, Bayern München, Real Madrid oder Chelsea zu besitzen. Der Londoner Verein wurde seinerzeit für einen bestimmten Betrag gekauft und später wieder für mehr Geld verkauft. Aber anfangs wurde dem Club auch vorgeworfen, zu viel auszugeben und nichts dafür zu bekommen. Unsere ist eine sehr solide und gut durchdachte Investition für die Menschen im Königreich Saudi-Arabien. Es ist eine clevere Investition in eine Branche, die exponentiell wächst.

Es gibt viel Kritik an der Nichteinhaltung der Menschenrechten in Saudi-Arabien. Sie sagen wiederum, dass die hohen Ausgaben für den Fußball eine Investition für die Menschen sind. Wird der Sport die Situation im Lande verändern?

Dies ist eine sich entwickelnde Nation, in der 70 Prozent der Bevölkerung unter 35 Jahre alt sind, was bemerkenswert ist. Die Situation hat sich verbessert und entwickelt sich weiter. Wir erleben ein unglaubliches Wachstum, einen Aufschwung in allen Bereichen. Man kann sich ansehen, was mit der Frauenliga, dem Frauenfußball und dem erstmaligen Erscheinen der saudi-arabischen Frauennationalmannschaft im Ranking der FIFA passiert. Wie in jedem anderen Land der Welt gibt es also immer die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln. Diese Entwicklung erleben wir hier gerade. Und sie wurde mit Intelligenz, Ruhe und großem Einfühlungsvermögen gemeistert.

Welche Superstars sollen folgen? Musiala?

Cristiano Ronaldo, Karim Benzema, Neymar, Sadio Mané, Roberto Firmino - viele Superstars sind bereits in Saudi-Arabien. Wer soll noch in die Wüste?

Ich kann nicht verraten, was die Pläne sind. Aber ich kann Ihnen mit Gewissheit sagen, dass viele Weltklassespieler, die in die Liga wollen, großes Interesse zeigen. Ich glaube, dass sie in die Saudi Pro League wollen, weil sie sich natürlich wirtschaftlich damit verbessern würden. Das streben wir alle in unserem Leben an. Aber vor allem wollen sie hier her, weil sie sich die Liga jetzt ansehen und mit ihren Freunden, den anderen Superstars, sprechen und verstehen, dass dies ein Ort ist, an den man gehen und Spaß haben, an den man mit seiner Familie kommen und ein schönes, friedliches Leben führen, an dem man die meiste Zeit des Jahres bei gutem Wetter Fußball spielen kann und an dem man gut versorgt wird. Diese Informationen breiten sich jetzt aus. Und diese Spieler sind glücklich, sich uns anschließen zu können.

Wann kommt Mo Salah?

Mo ist jederzeit willkommen. Aber niemand wird unter Druck gesetzt oder gezwungen, zu kommen. Wenn jemand kommen möchte und es eine Möglichkeit gibt, mit dem abgebenden Verein auf eine sehr respektvolle und professionelle Art und Weise zu arbeiten, würden wir uns sehr freuen, ihn zu haben. Aber ja, Mo ist mein persönlicher Favorit.

Von welchem deutschen Spieler träumen Sie? Während Ihrer Zeit als Technischer Direktor von Chelsea war ein gewisser Jamal Musiala in der Akademie der Londoner.

Die Saudi Pro League ist offen für jeden einzelnen Superstar, der Teil davon sein will. Je jünger sie sind, desto besser. Aber wir diskriminieren niemanden, egal welches Alter, welche Größe oder Hautfarbe er hat. Wir sind einfach offen für die besten Spieler, die hierherkommen wollen. Es ist sehr wichtig zu betonen, dass wir wollen, dass die Leute sich selbst dazu entscheiden, hierherzukommen. Ich kenne Spieler, die vor diesem Schritt zögerten, und jetzt sehr zufrieden sind, auch mit der Resonanz, die sie bekommen. Natürlich ist es nicht perfekt. Aber sie sind sehr glücklich, weil ihre Erfahrungen positiver sind als ihre Befürchtungen waren und die Erwartungen an sie hier wirklich hoch sind. Ich hoffe also, dass diese jungen, wunderbaren Superstars oder auch aufstrebende Größen wie Musiala, den ich absolut bewundere, eines Tages selbst die Entscheidung treffen werden, zu uns zu kommen. Aber ich hoffe, dass sich das organisch entwickeln wird.

Nach welchen Kriterien werden neue Stars verpflichtet?

Sie müssen etwas Einzigartiges zur Liga beitragen können. Sie müssen auch Intelligenz und Respekt für die Kultur und das Umfeld mitbringen. Sie müssen bereit sein, in dem Rahmen, in dem sie arbeiten, eine Führungsrolle zu übernehmen und Lehrer zu sein. Das ist die gleiche Erwartung wie in Deutschland, in England und überall dort, wo man eine wunderbare und florierende Organisation schaffen möchte.

Die Mechanismen hinter den Mega-Transfers nach Saudi-Arabien

Wie läuft ein Mega-Transfer in die Saudi Pro League genau ab?

Ohne die Mechanismen der internen Abläufe zu enthüllen: Ich kann Ihnen sagen, dass es immer eine Mischung aus Verfahren gibt. Wir haben in der SPL das PACE-Programm, das Player Acquisition Centre of Excellence. Im Rahmen dieses Programms wird ein bestimmter Betrag an die verschiedenen Vereine auf der Grundlage ihrer Klassifizierung und ihres Erfolgskoeffizienten in den letzten zehn Jahren ausgeschüttet. Damit können sie beispielsweise auf dem Transfermarkt agieren. Sie haben auch die Möglichkeit, ihre eigenen Mittel aufzubringen. Einige der Vereine, die jetzt unter der Schirmherrschaft des Investment Fonds des Königreichs stehen, können kommerzielle oder ministerielle Mittel aufbringen, um etwas mehr in Spieler investieren zu können. Dies ist ein Fortschritt für alle Vereine, und es werden Verbesserungen in allen Bereichen erwartet, einschließlich der Schaffung von Kapital, damit sie mehr in das investieren können, was sie aufbauen wollen – sei es in die Infrastruktur oder in die Akquise neuer Spieler.

Die Vereine in Europa sind froh, dass saudi-arabische Vereine ihre Spieler weit über dem Marktwert kaufen. Warum überbezahlen Sie?

Ich denke, Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Europäische Vereine könnten denken, dass wir zu viel bezahlt haben, und wir könnten denken, dass wir genau das bekommen haben, was wir brauchen. Ich denke, dass die Kritiker nicht beides haben können: Sie können uns nicht vorwerfen, dass wir den Weltfußball ruinieren. Und sich dann darüber freuen, dass wir zu viel für ihre Spieler bezahlen. Irgendwann müssen sie entscheiden. Wir hingegen tun nur das, was unserer Meinung nach für unsere Liga und unser Projekt gut ist. Wir sind sehr fokussiert und sehr klar in dem, was wir zu erreichen versuchen.

Reichen Top-Stars, um die Liga besser zu machen?

Ich weiß nicht, was in den nächsten Transferfenstern passieren wird, aber ich kann Ihnen versichern, dass es nicht nur unser Ziel ist, Weltklassespieler zu verpflichten. Unser Ziel ist es auch, uns zu verbessern. Wir müssen die Infrastruktur in den Vereinen voranbringen, die Einrichtungen, die Trainingsmethoden. Wir müssen dafür sorgen, dass die nächsten jungen saudi-arabischen Spieler, die nachrücken, auf demselben modernen, intensiven Niveau spielen, wie in den Top-Nationen. Darauf konzentrieren wir uns im Moment.

Wann wird die Saudi Pro League eine Top-Liga? Zeitpunkt spielt keine Rolle

Mit dem neuen Kontrollzentrum bieten Sie einen zentralisierten Ansatz für Transfers, Kaderplanung und Spielerbetreuung. Gibt die Liga den Clubs alles vor?

Das zentralisierte Management soll der Liga Effizienz und Organisation bringen. Wir wollen nicht dieselben Fehler machen, die in der Vergangenheit nicht dem professionellen Standard entsprochen haben, den man im Königreich erwartet. Dieser Prozess mit der SPL und dem zentralen Management zielt darauf ab, einige dieser Fehler zu korrigieren und sicherzustellen, dass wir eine Integrität einführen, die ein Spiegelbild dessen ist, was das Königreich Saudi-Arabien ist. Wenn wir unser Wort geben, dann ist unser Wort unsere Verpflichtung. Wenn wir ein Geschäft machen, dann erwarten wir, dass es auch eingehalten wird. Das ist die eine Sache. Aber auch hier handelt es sich um eine hybride Option, bei der die Vereine eine gewisse Unabhängigkeit haben. Wir schreiben ihnen nicht vor, wen und was sie wählen sollen. Aber wir arbeiten mit ihnen zusammen, um sicherzustellen, dass ihr Geld auf die richtige Weise ausgegeben wird.

Sie wollen die SPL zu einer der zehn besten Ligen der Welt machen. Wie und in welchem Zeitrahmen wollen Sie das erreichen?

Die Leute haben von fünf bis zehn Jahren gesprochen. Ich persönlich denke, dass es am besten ist, von Tag zu Tag, von Woche zu Woche und von Monat zu Monat zu schauen. Aber ich kann Ihnen sagen, dass das Ziel definitiv darin besteht, ein hohes Maß an Professionalität, kommerziellen Einfluss und kreativem Interesse für das Spiel in Saudi-Arabien auf der ganzen Welt zu erreichen. Wann das passiert – ob in zwei, fünf oder zehn Jahren –, spielt keine Rolle, solange wir uns täglich und konsequent auf unsere Arbeit konzentrieren.

Auch interessant

Kommentare

Chef der Saudi Pro League im tz-Interview: „Musiala? Wir sind offen für jeden Superstar!“ (2025)

References

Top Articles
Latest Posts
Recommended Articles
Article information

Author: Saturnina Altenwerth DVM

Last Updated:

Views: 5793

Rating: 4.3 / 5 (44 voted)

Reviews: 91% of readers found this page helpful

Author information

Name: Saturnina Altenwerth DVM

Birthday: 1992-08-21

Address: Apt. 237 662 Haag Mills, East Verenaport, MO 57071-5493

Phone: +331850833384

Job: District Real-Estate Architect

Hobby: Skateboarding, Taxidermy, Air sports, Painting, Knife making, Letterboxing, Inline skating

Introduction: My name is Saturnina Altenwerth DVM, I am a witty, perfect, combative, beautiful, determined, fancy, determined person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.